Datenschutz = Verbrecherschutz?

10.10.2020

In den letzten Jahrzehnten verursachten die rasanten Entwicklungen in der Computer- und Informationstechnologie sowie der Unterhaltungselektronik enorme Veränderungen für unser tägliches Leben. Dies machte auch eine damit parallel verlaufende Anpassung der rechtlichen Rahmenbedingungen notwendig. Einen zentralen Teil davon stellt der Datenschutz dar.
Häufig werden Daten z.B. über Formularabfragen, in den sozialen Medien, etc. von uns selber preisgegeben oder aber auch Dritte legen eine elektronische Kartei von uns an. Schließlich beruhen etliche, zu Großkonzernen herangewachsene Unternehmen auf dem Geschäftsmodell, jeden unserer Klicks beim Surfen zu erfassen und für ihre Zwecke gewinnbringend zu verwerten.
Unumstritten ist daher, dass es Regeln braucht, um den Einzelnen vor der missbräuchlichen Verwendung dieser, von ihm preisgegebener Daten zu schützen.
So darf ein potentieller Arbeitgeber keinen Zugriff auf die Gesundheitsdaten eines Arbeitssuchenden erlangen, um Diskriminierungen aufgrund von Vorerkrankungen oder anderer Persönlichkeitsmerkmale zu vermeiden.
Ebenso darf niemand gegen seinen Willen zum Ziel einer massiven Marketingkampagne werden.
Zudem besteht ein berechtigter Anspruch auf Datensicherheit, da gerade Datendiebstahl leicht zu Erpressung und für andere Vermögensdelikte genutzt werden kann.
Wie aber sieht es nun aus wenn eine Finanzbehörde mehr über den Lebenswandel eines Bürgers oder die Exekutive über den Aufenthalt eines Verdächtigen wissen möchte?
An diesen Beispielen wird deutlich, dass Datenschutz stets ein Kompromiss zwischen den Interessen des Einzelnen und dem öffentlichen Interesse einer ganzen Gesellschaft darstellt.

Je nach den Werthaltungen in einer Gesellschaft fällt dabei dieser Kompromiss mehr zugunsten der einen oder der andern Seite aus.
In einem totalitären Staat hat meist das Individuum keinerlei Rechte, während in einem von linken Ideologien dominierten Staat der Bürger sich sogar der berechtigten Verfolgung durch staatliche Institutionen entziehen kann, indem er mittels Berufung auf seine Persönlichkeitsrechte eine Herausgabe von ihn belastenden Daten verhindert. Dies wird uns in sich über Jahre hinziehenden Prozessen gegen korrupte Politiker und Manager beinahe täglich vor Augen geführt.
In diesem letztgenannten Kontext schütz also der Datenschutz weniger den rechtschaffenen Bürger sondern, überspitzt ausgedrückt, vorwiegend den Verbrecher.
In unseren westlichen Demokratien ist nun zu beobachten, dass Datenschutz einen immer höheren Stellenwert einnimmt, wie an zahllosen Beispielen der jüngsten Vergangenheit deutlich wird.
So wurde kürzlich bekannt, dass die Polizei auf informellen Weg Informationen zu Gewaltopfern und Rauschgiftsüchtigen bei Klinikmitarbeiten abgefragt hat, um den Verfahrensablauf zu beschleunigen. Bei dem dafür vorgesehenen formellen Verfahren werden nämlich häufig die Anfragen der Polizei abgewiesen bzw. verstreichen üblicherweise Wochen. Die Folge war ein Sturm der Entrüstung bei den Medien und die fristlose Entlassung/Dienstfreistellung der Beteiligten. Es fragt sich, werden hier schon die Richtigen (die oft kriminellen Rauschgiftsüchtigen) geschützt und nicht die Falschen bestraft?

Dieses Beispiel macht auch deutlich, dass es für die Behörden somit immer schwerer wird die Gesetze unseres Rechtsstaates durchzusetzen.

Besonders fatal wirkt sich dieser Hype beim Datenschutz im Zuge der aktuellen Coronakrise aus. So werden lieber ganze Branchen geopfert bzw. zu Zuschussempfängern gemacht, unzählige Menschen in die Arbeitslosigkeit und manche bis in den Suizid getrieben und sogar eine unabsehbare Destabilisierung durch die größte Wirtschaftskrise seit Jahrzehnten in Kauf genommen als hier Zugeständnisse bei den Persönlichkeitsrechten zu machen.
Wenn nun mal eine verpflichtende, personalisierte und international einsetzbare Corona-App das gelindeste Mittel wäre um der Ausbreitung dieses Virus Einhalt zu gebieten, dann fragt sich schon warum für die so hochgespielten Persönlichkeitsrechte das Leben unzähliger Coronakranker geopfert wird. Letztlich handelt es sich um die Opfer teils irrational-pathologischer, teils aus psychologischer Sicht nachvollziehbarer Ängste anderer.

So mag diese kollektive Überbewertung der Persönlichkeitsrechte bei traumatisierten Menschen die z.B. aus ehemaligen Diktaturen wie der DDR, Tschechien, Ungarn, Rumänien, etc. stammen, verständlich sein, wirken doch bei ihnen noch die unliebsamen Erfahrungen aus früheren Zeiten nach, als ihre Privatsphäre völlig ungeschützt war.
Für uns Kinder der Demokratien muss es jedoch noch eine andere Erklärung geben.
Als am plausibelsten erscheint mir dabei, dass in unserer wohlhabenden Gesellschaft viele ein vorbelastetes Verhältnis zur Steuerbehörde haben bzw. es mit der Steuermoral oft nicht allzu gut bestellt ist. Die latente Angst, dass ihre Schummeleien andernfalls auffliegen könnten, mag die Triebfeder für das Verhalten sein, den Datenschutz mit Zähnen und Klauen zu verteidigen.
Ähnlich verhält es sich bei Menschen, die bisweilen die Grenzen der Legalität überschreiten und eine Verfolgung durch die Exekutive befürchten müssen.
Hinzu kommt noch die Gruppe derjenigen, die unseren Sozialstaat auf betrügerische Weise ausbeuten und ebenfalls ein offenkundig Werden ihrer Machenschaften um jeden Preis verhindern wollen.

Jemand der nichts zu verbergen hat, der ist auch gerne bereit sich über die Verhältnismäßigkeit des Datenschutzes auf sachlicher Ebene Gedanken zu machen. Dies trifft jedoch nicht auf die oben skizzierten Personengruppen zu, die offenbar einen erheblichen Anteil an der Gesamtgesellschaft ausmachen.

Ziel sollte es jedenfalls sein die Schrauben gegenüber den notorisch, den Datenschutz verletzenden und persönliche Daten für ihr Profitinteresse missbrauchenden Gruppen, wie z.B. Google und Co., anzuziehen und im gesellschaftlichen Interesse die Latte bei den Bürgern deutlich zu senken.
Schließlich soll sich Ehrlichkeit und Anstand wieder mehr auszahlen und Menschen, die nichts zu verbergen haben, aus einem überzogenen Datenschutz kein Nachteil erwachsen.