Balkonkraftwerke

(steckerfertige Kleinst-PV-Anlagen)

14.08.2022

Das Ansteigen des Preises für elektrische Energie und der Preisverfall bei den Komponenten für Photovoltaikanlagen (PV) rückt die Eigenproduktion von Strom zunehmend in den Fokus von privaten Haushalten. Zum einen lässt sich damit vorzüglich das ökologische Gewissen beruhigen, zum anderen haben sich die zu erwartende Amortisationsfristen bereits derart verkürzt, sodass meist von hochrentablen Investitionen gesprochen werden kann.

Wirtschaftliche Betrachtungen

Anders als für die Sonderausstattung ihres fahrbaren Untersatzes verlangen Privatpersonen für dem Klimaschutz dienlichen Investitionen fast ausnahmslos eine attraktive Rendite, die deutlich über der Verzinsung am Geldmarkt zu liegen hat. Daher sollen im folgenden einige Überlegungen dazu angestellt werde.

Quelle: https://re.jrc.ec.europa.eu/pvg_tools/en/tools.html#PVP

Aus obige Grafik lässt sich das Ertragspotential einer PV-Anlage ablesen. So kann aus einem PV-Modul mit einer Peak-Leistung von 1 kW in den gelb unterlegten Gebieten jährlich ca. 1050 kWh/a Strom produzieren, in den südlicheren, orange unterlegten Regionen sind das sogar ca. 1200 kWh/a. Im folgenden soll von 1050 kWh/a ausgegangen werden, da dieser Wert für den Großteil Österreichs und dem Großteil Deutschlands relevant ist.

Dieser Ertrag lässt sich jedoch nur mit einem nach Süden ausgerichteten Modul und einem Aufstellwinkel von 30°- 40° erzielen. Andere Ausrichtungen, wie dies für Balkonkraftwerke typisch ist, führen zu einer Reduktion des Jahresertrages, wie sich aus der folgenden Grafik auslesen lässt.

Quelle: PVplug.de

Bei südlicher Ausrichtung und 90° Aufstellwinkel beträgt der zu erwartende Jahresertrag:

750 * 1050/1094 = 720 kWh/a.

Dies ist zwar um ca. 30% weniger als mit 30° – 40° Aufstellwinkel, jedoch verschiebt sich jahreszeitlich gesehen ein Teil des Ertrages vom Sommer- in das ohne ertragschwächere Winterhalbjahr. Im Winterhalbjahr ist aber wegen der längeren Anwesenheit im Haus / der Wohnung, des höheren Beleuchtungsaufwandes und der eingeschalteten Heizung im Regelfall der Strombedarf ohnehin höher. Daher ist selbst produzierter Strom im Winterhalbjahr wertvoller, da ein größerer Teil davon gleich verbraucht wird.

Hier kommt nun der Eigenverbrauchsanteil ins Spiel, da bei Balkonkraftwerken im Gegensatz zu größeren, genehmigungspflichtigen PV-Anlagen von den Energieversorgungsunternehmen (EVUs) meist keine Einspeisevergütung bezogen werden kann.

Der Eigenverbrauchsanteil hängt u.a. von folgenden Faktoren ab:

  • der Leistung der PV-Anlage – mit zunehmender Leistung nimmt der Eigenverbrauchsanteil ab
  • der Personenanzahl im Haushalt – der Eigenverbrauchsanteil ist bei einem Einpersonenhaushalt c.p. niedriger als bei einem Mehrpersonenhaushalt
  • dem normalen Aufenthalt –  bei tagsüber auswärtig arbeitenden Personen ist der Eigenverbrauchsanteil geringer als bei tagsüber anwesenden Personen
  • der Ausrichtung der PV-Module – sind die PV-Module so positioniert, dass zu der Zeit Strom produziert wird, in der üblicherweise jemand im Haushalt anwesend ist, dann erhöht dies den Eigenverbrauchsanteil
  • der Technologie – mit einer Zwischenspeicherung der Energie in einem Akkumulator lässt sich der Eigenverbrauchsanteil drastisch erhöhen

In der E-Control-Studie zu Kleinst-PV-Anlagen[1] werden etwa für ein mit 90° geneigtes 500Wp Modul folgende Eigenverbrauchsanteile angegeben:

AusrichtungOstSüdWest
Einzelperson berufstätig63%58%66%
2-Personen nicht berufstätig72%77%81%
2-Personen berufstätig70%69%75%
4-Personen
Familie
82%88%92%

Quelle: https://www.e-control.at/publikationen/publikationen-strom/studien Seite 109

Damit ergeben sich jährliche Energieeinsparungen in kWh/a für eine Balkonkraftwerk mit einer Modulleistung von 500Wp und 90° Aufstellwinkel:

AusrichtungOstSüdWest
Einzelperson berufstätig170208182
2-Personen nicht berufstätig194276220
2-Personen berufstätig189247205
4-Personen
Familie
221316251

Jährliche Energieeinsparung = 720kWh/a * 500W/1000W * 58% = 208 kWh/a

Nun lassen sich bei bekanntem Energiepreis sehr einfach die finanziellen Ersparnisse pro Jahr für z.B. eine 4-Personen-Familie ermitteln.

Angenommen Strom (inkl. Netzgebühr und MWST) kostet auf längere Sicht 40 Cents/kWh.

Die Ersparnisse pro Jahr für ein 500 Wp-Modul, südseitige Ausrichtung und 90° Aufstellwinkel: beträgt somit 326 kWh/a * 0,4 €/kWh = 127 €/a.

Bei einem Anschaffungspreis von 700,- und den derzeit niedrigen Zinsen um 0% würde sich also so eine Investition in einem 4-Personen-Haushalt in ca. 6 Jahren amortisiert haben. Bei höheren Strompreisen wäre dies entsprechend früher der Fall.

Selbst bei einem Single-Haushalt würde sich ein Balkonkraftwerk mit 500W und südseitiger Ausrichtung beim selben zukünftigen Strompreis nach 8,5 Jahren amortisiert haben.

Der Vergleich mit anderen Investitionen zeigt, dass es derzeit kaum eine Möglichkeit gibt bei so geringem Risiko eine derart hohe Rendite zu erzielen.

Technisch – rechtliche Aspekte

Obwohl man von Seiten der Politik ständig Bekenntnisse zum Ausbau der photovoltaischen Sonnenenergienutzung vernimmt wird einem rasch klar, dass auf der Ebene der Energieversorgungsunternehmen diesen Entwicklungen mit sehr viel Misstrauen begegnet wird und dem Konsumenten, bewusst oder unbewusst, etliche Prügel vor die Beine geworfen werden.

Basis dafür stellt das Wirrwarr an Normen und Vorschriften dar, wobei sich der Netzbetreiber, je nach seiner Intention, auf diese oder jene Regelung beruft. So wird bisweilen von einzelnen Netzbetreibern auch für Balkonkraftwerke ein von einem Fachbetrieb zu errichtender Festanschluss vorgeschrieben, obwohl Balkonkraftwerke als elektrische Betriebsmittel einzustufen sind[2] und somit der Anschluss mittels Schukostecker als zulässig gilt.

Wünschenswert wäre, wenn mittels speziell auf steckerfertige Kleinst-PV-Anlagen abzielende Zusatzbestimmungen, ehestmöglich klare technisch-rechtliche Verhältnisse geschaffen werden. Diese würde eine Verbreitung solcher Anlagen, so wie etwa in den Niederlanden, erheblich beschleunigen.

Erhöhung des Eigenverbrauch mittels Akkus als Zwischenspeicher

Für viele Betreiber eines Balkonkraftwerkes ist der Umstand unbefriedigend, dass sie einen gewissen Anteil der erzeugten elektrischen Energie quasi ihrem EVU schenken.

Dieser Anteil ließe sich mittels eines Akkus als Zwischenspeicher verringern. Dafür kann ein leistungssteuerbarer Netz-Wechselrichter in Kombination mit einem Stromfühler verwendet werden um quasi eine Nulleinspeisung zu erreichen. Diese Technik ist jedoch noch recht teuer, aufwendig in der Installation und eignet sich daher eher für große PV-Anlagen.

Eine andere für Balkonkraftwerke besser geeignete Möglichkeit besteht darin den Standby-Verbrauch in einem Haus/ einer Wohnung abzudecken. So ist heute jeder Haushalt mit einer Reihe von elektrischen Geräten ausgestattet, die selbst im ausgeschalteten Zustand etwas Strom benötigen oder überhaupt auf Dauer eingeschaltet sind. Man denke hier nur an die Umwälzpumpe für die Heizung, die Zirkulationspumpe für das Warmwasser, den WLAN-Server, Überwachungskameras, Bewegungsmelder, Server, etc.

Durch gleichmäßige Einspeisung der im Akku zwischengespeicherten Energie in Höhe des Standby-Verbrauch wird nun, abgesehen von den Umwandlungsverlusten, eine beinahe 100%-ige Eigenverbrauchsquote erreicht. Wichtig ist jedoch, dass ein solches Balkonkraftwerk so weit als möglich auf den jeweiligen Standby-Verbrauch abgestimmt ist.

Notstromversorgung

Darüber hinaus besteht mittels Akku und einem Stand alone-Inverter die Möglichkeit, im Falle eines Stromausfalls einen Inselbetrieb zu realisieren, um etwa

  • den Verderb der Lebensmittel in den Kühlgeräten zu verhindern,
  • die elektrische Beleuchtung sicherzustellen,
  • den WLAN-Router und damit das hauseigene Internet weiter nutzen zu können oder
  • die Handys und andere elektrische Kleingeräte betriebsbereit zu halten.

Diese Notstromversorgung ließe sich, je nach Auslegung der PV-Module samt dazu gehörigem Akku und dem abzudeckenden Verbrauch, sogar auf unbegrenzte Zeit verwenden. Ein derartiges akkugestütztes Balkonkraftwerk könnte also im Katastrophenfall zu einem wesentlichen Baustein zur Absicherung der existenziellen Bedürfnisse werden.

Schließlich soll noch ein Blick auf die Wirtschaftlichkeit eines solchen Konzepts geworfen werden. Wenn wir von unserem 500 Wp-Modul mit senkrechter Südausrichtung und einer 95%igen Eigenverbrauchsquote ausgehen, so darf bei einem langfristigen Strompreis von 0,4 €/kWh und einer 10-jährigen Amortisationsdauer der Anschaffungspreis für eine derartige akkugestützte Anlage € 1350,- nicht wesentlich überschreiten. In diesem Fall spielen die Haushaltsgröße und die Anwesenheit der Personen im Haushalt keine Rolle mehr. Entscheidend ist nur der haushaltstypische Standby-Verbrauch. Erlaubt dieser etwa ein doppelt so leistungsstarkes Balkonkraftwerk mit 1000Wp Modulleistung, dann darf dieses bis zu € 2700,- kosten um innerhalb der 10-jährige Amortisationsfrist zu bleiben.

Welchen Preis man letztlich für die Option eines temporären Inselbetriebes zu bezahlen bereit ist wird wesentlich von der persönlichen Einschätzung der Wahrscheinlichkeit für zukünftige Stromunterbrechungen bzw. Katastrophenszenarios bestimmt.

Abgesehen von den wirtschaftlichen Aspekten soll jedoch stets der Umstand bei solchen Entscheidungen Berücksichtigung finden, dass mit der Nutzung der Sonnenenergie ein Beitrag zum Klimaschutz und zur Schonung der Ressourcen und damit zur Erhaltung der Lebensgrundlagen für zukünftige Generationen geleistet wird.

Siehe entsprechende Angebote.


[1] Frauenhofer-Institut für Solare Energiesysteme, Steckerfertige, netzgekoppelte Kleinst-PV-Anlagen, Studie für E-Control-Austria, S. 109

[2] Frauenhofer-Institut für Solare Energiesysteme, Steckerfertige, netzgekoppelte Kleinst-PV-Anlagen, Studie für E-Control-Austria, S. 9ff